Eisenstein in Guanajuato

Der Film „Eisenstein in Guanajuato“ beschreibt schön das Leben in der Fremde. Der britische Filmemacher Peter Greenaway nutzte einiges an Material des russischen Regisseurs Sergej Eisenstein. 1931 reist er nach Mexiko, um „Que Viva Mexico!“ zu drehen. Die fremde Kultur bringt Sergej dazu, über seine Lebensgeschichte zu sinnieren. Mexikaner genießen eine lebensbejahende Einstellung, die einen Gegensatz zu dem Stalin-Regime bildet.

Eisenstein in Guanajuato
Dauer: 105 Min.
FSK: ab 16 Jahren
Jahr:
Regie: Peter Greenaway
Produzenten: Bruno Felix, San Fu Maltha, Cristina Velasco, Femke Wolting
Hauptdarsteller: Elmer Bäck, Luis Alberti
Nebendarsteller: Maya Zapata, Lisa Owen, Stelio Savante, Rasmus Slätis
Studio: Submarine
Sprachen: Deutsch

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Die kommunistischen Strukturen des Heimatlandes zu hinterfragen, seine ideologische Überzeugung und das Selbstverständnis als Filmemacher sowie seine eigene Sexualität. Zehn Tage in Mexiko haben weitreichende Folgen auf sein Leben. Am Ende steht für Eisenstein eine künstlerische Wandlung vom konzeptionellen Regisseur zum philosophischen Akteur an.

Besetzung, Regie und Drehorte

Peter Greenaway ist bekannt für die Lust an barocken Einstellungen und nacktem Fleisch damit erwarb er sich seinen Kultstatus in den 80er. Die Altersfreigabe von „Eisenstein in Guanajuato“ ab 16 Jahre ist selbstverständlich. Vier verschiedene Künstler (San Fu Maltha, Bruno Felix, Cristina Velasco und Femke Wolting) produzierten den 110-minütige Streifen in fünf verschiedenen Ländern, Niederlande, Mexiko, Finnland, Frankreich und Belgien. Wobei Greenaway nicht nur die Regie führte, sondern auch das Drehbuch schrieb. Nachdem der Film im Februar 2015 bei den Filmfestspielen in Berlin dabei war, kam er im November desselben Jahres in die deutschen Kinos.

Die Hauptfigur spielt der Finne Elmer Bäck grandios. Szeneweise mit einem naturgeisthaften Übermut und dann wie ein schüchterner Jugendlicher. In weiteren Rollen spielen Luis Alberti (als Palomino Cañedo), José Montini (Diego Rivera), Cristina Velasco Lozano (Frida Kahlo) und Maya Zapata, Jakob Öhrman, Lisa Owen, Rasmus Slätis.

Sergej Eisenstein wollte im Alter von 33 Jahren einen Dokumentarfilm drehen, „Que viva México“. Im neuen Film übernahm Elmer Leupen den Schnitt und Reinier van Brummelen die Kameraführung.

Handlung & Inhalt vom Film „Eisenstein in Guanajuato“

Der Weg ins weite Mexiko bringt große Veränderungen für Sergej. Doch er kam mit einem anderen Vorsatz ins Land. Elmer spielt den verstrubbelten Eisenstein als ungebärdiges Kind, egomanischen Großkünstler und völlig von Zweifeln zerfressen. Erste Erfolge verzeichnete der russische Regisseur mit „Streik“, „Potemkin“ und „Oktober“. Das künstlerische Genie wurde weltweit von vielen Berühmtheiten hofiert. Sein Vertrag mit Paramount zerschlug sich und die Mexikoreise wurde von dem Schriftsteller Upton Sinclair finanziert.

Am Höhepunkt seiner Karriere reist Einstein nach Guanajuato, um den Film „Que viva Mexico“ zu drehen. Zur Begrüßung warten im Spalier Galionsfiguren wie Diego Rivera und Frida Kahlo auf ihn. In Mexiko angekommen beeindrucken den jungen Sergej die neue morbide Fremde und eine interessante Kultur. Auf den Touren mit einem attraktiven Reiseführer sinniert er über das kommunistische Regime seiner Heimat. Nach der Verwandlung zum philosophischen Akteur setzt Eisenstein seine Eindrücke neu zusammen. Die Zweisamkeit lässt den Russen seine homosexuellen Vorlieben entdecken.

Solche Meilensteine werden absolut in Szene gesetzt. Wie? Die Kamera von Reinier van Brummelen ruht absolut auffällig auf einer Flasche Olivenöl. Eine Bedeutung für später? Ja, denn dies ist eine Szene, in dieser der Reiseführer Palomino Cañedo den Sergej entjungfert.

Genaue Vorstellungen besitzt Eisenstein noch nicht, bei seiner Ankunft in Mexiko. Deswegen dreht er entsprechend viel Material. Greenaway macht sich diese Aufzeichnungen zunutze. In einer rasanten Montage tauchen Archivfotos mit im Film auf. Peter scheint an die berühmten theoretischen Gedanken von Eisenstein anzuknüpfen. Einige Filmzitate und Zeichnungen werden zitiert. Durch Split-Screens werden Settings vervielfältigt und die Stimmen der unterschiedlichen Darsteller wiederholt hörbar. Häufig im Bild erscheint Eisensteins Schlafzimmer. Die rotierende Kamera lässt es als riesigen Saal wirken, mit gläsernem Boden.

Mexiko ist nicht realitätsnah dargestellt, zum Beispiel tauchen Ureinwohner auf, die aussehen wie Banditen aus einem Comic. Trotzdem labt sich die Filmkamera an der mexikanischen Landschaft, am Pomp der Kolonialarchitektur, Totenkatakomben und der Allerheiligen-Folklore. Die erste Hälfte des Films zeigt schön den damaligen expressiven Stil.

Fazit & Kritiken zum Film „Eisenstein in Guanajuato“

Die höchst spekulative Biografie „Eisenstein in Guanajuato“ bietet trotz freien Umgang mit den Fakten einen guten Einblick ins Leben und Wirken des wichtigsten Regisseurs der Filmgeschichte. Gerade das Spekulative macht den Film so faszinierend. Es findet eine Reflexion über das Verhältnis von Tod und Sex statt sowie über die Erkenntnis zur Lust als Befreiungsmöglichkeit. Politische Hintergründe erscheinen nicht großartig in den etwas mehr als 100 Minuten. Die Reise Einsteins ist ein guter Anlass für eine verspielte Collage aus Form und Farbe, in der Sergej als spätpubertäres Kind ein Coming-out erlebt.

Der Grund des Aufenthalts von Eisenstein in Mexiko fällt in dem kompletten Film unter den Tisch. Greenaway steht lieber auf eine blumenreich ausgemalte Erzählung der Liebe zwischen Palomino und Sergej. Diese Liebesgeschichte endet anrührend melodramatisch. Elmer stellt die ganz persönliche Revolution Eisensteins dar. Dies Szenario ist sehr unterhaltsam und leichtfüßig. Daumen hoch für den Film „Eisenstein in Guanajuato“.

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